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Der Lockdown-bedingte Crash des lokalen Werbemarktes hat viele Privatradios in arge Bedrängnis gebracht. Nicht nur in Deutschland, sondern überall in Europa. Denn Werbung ist und bleibt nun mal die einzige Einnahmequelle der privaten Radiopublisher.

Und der lokale Werbeumsatz brach im Pandemiejahr 2020 allein hierzulande um bis zu 60 Prozent ein. Dass in dieser Zeit nicht reihenweise Radiostationen schließen mussten, ist neben Staatshilfen dem Umstand zu verdanken, dass wenigstens ein Teil des Werbeinventars, also der zur Verfügung stehenden Werbeplätze, weiterhin über große nationale Audio-Vermarkter gebucht und verkauft wurde. Im nationalen Werbesektor fielen die Umsatzeinbußen mit „nur“ rund sieben Prozent im Krisenjahr 2020 auch wesentlich glimpflicher aus.

Doch diese Form der nationalen „Grundsicherung“, wenn ich das so nennen darf, hat auch ihren Preis. Deals mit größeren Mediaagenturen, Konditionen für Großkunden und Provisionen schmälern bekanntlich verhältnismäßig die Nettoeinnahmen, die beim Publisher ankommen.

Die Radiopublisher haben allerdings die Chance, die genannte „nationale Grundsicherung“ um lokale/regionale Einnahmequellen zu erweitern. Sie können z.B. ihr lokales und regionales Werbeinventar direkt und ebenso erfolgreich elektronisch am Audio-Markt anbieten. Und dies parallel zum klassischen, etablierten Geschäftsmodell.

Aus meiner Sicht wäre es geradezu fahrlässig, sich wie in den letzten zwanzig, fünfundzwanzig Jahren auch in Zukunft allein auf die „gewohnten“ Wege zu verlassen.

Ob mit oder ohne Corona, ob in wirtschaftlich guten oder in Krisenzeiten: Was spricht dagegen, das lokale und regionale Werbeinventar zusätzlich auf der großen digitalen „Bühne“ zu präsentieren? Warum ist es nicht schon längst üblich, freie lokale Werbeplätze elektronisch und automatisiert anzubieten, zu vertreiben und zu verkaufen? Damit z.B. das junge Berliner Mode-Label direkt, blitzschnell und einfach den passenden Werbeplatz in einem Münchner Lokalradio findet, um dort für sein neues Shop in Schwabing zu werben.

„Dafür haben wir weder das Knowhow noch die Ressourcen!“, werden nun viele Radiopublisher entgegnen. Doch die braucht es gar nicht, behaupte ich. Denn das alles kann auch selbstverständlich auf elektronischem Wege funktionieren – d.h. vollautomatisch und rasend schnell. Einschließlich, sofern man dazu bereit ist, der Preisverhandlung zwischen Anbieter und Nachfrager.

Das geht natürlich nicht per Telefon oder E-Mail. Die Verhandlung basiert vielmehr auf Algorithmen, die in Echtzeit Angebot und Nachfrage aufeinander abstimmen und entsprechende Preise berechnen. 

Die „Digitalen“ machen uns das seit langem vor: Sie haben die Prozesse automatisiert und dafür gesorgt, dass sich Nachfrage und Angebot elektronisch treffen, in Echtzeit. Man könnte jetzt sagen, digital geht das, weil in der digitalen Welt das Verhältnis 1:1 ist (1 Anbieter – 1 Nutzer), während beim linearen Radio das Verhältnis 1 zu vielen Hörer*innen ist. Ich sage, das geht auch beim Radio, wenn auch mit einem veränderten Ansatz. Auch für den Audiobereich gibt es die entsprechende Technologie, sprich die nötigen Softwarelösungen, schon heute!

Deshalb ist es keine Vision, sondern meiner Meinung nach längst überfällig, dass Radio- bzw. Audiowerbung auf Online-Plattformen, so genannten Digital Marketplaces, elektronisch buchbar wird. Theoretisch sogar weltweit.

So entstehen cloudbasierte elektronische Audio-Netzwerke, die wiederum per Schnittstelle mit digitalen Plattformen, wie den DSPs (klassisch für das digitale Werbegeschäft) verknüpft werden können.

Im Radio steckt noch so viel Werbe-Potenzial. Mit seiner großen Reichweite und der nachgewiesenen Präsenz und Wirkung in der Region ist es wunderbar einsetzbar, um digitale Kampagnen zu ergänzen und noch schlagkräftiger zu machen.

Es ist deshalb keine Kür, sondern quasi eine Pflicht, Radiowerbeplätze elektronisch buchbar und handelbar zu machen! Und zwar so schnell wie möglich, damit die „Digital Natives“ unter den Werbefachleuten das 100 Jahre alte Traditionsmedium nicht aus den Augen verlieren. Und damit die Radiopublisher ein zweites starkes und lukratives Werbe-Standbein erhalten.

In diesem Sinne bis zum nächsten Mal.

Ihr Nico Aprile

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